Pothead

6.12.07 Stuttgart, Röhre

 

 

"Vielen Dank, Leute!" Brad strahlt mal wieder übers ganze Gesicht, als er zum dritten Mal auf die Bühne zurückkommt, um die letzten Zugaben für die restlos begeisterten Menschen in der Stuttgarter Röhre zu spielen. Er hatte es in sich, dieser Nikolausabend. Denn auch nachdem die Zugaben gespielt sind, sämtliche Kracher durch die Gehörgänge der drei- bis vierhundert Anwesenden gejagt worden waren, wollen die Leute noch immer nicht wahr haben, dass dieses geile Konzert nun endgültig vorbei sein sollte. Nicht enden wollender Applaus und unzählige Rufe nach weiteren Zugaben zwingen nach einigen Minuten dann doch den stoischen Bassisten Jeff noch einmal zurück auf die Bühne, allerdings ausschließlich um sich zu bedanken, den Leuten zu verstehen zu geben, dass es dies nun tatsächlich gewesen sei, sie aber gerne wieder kämen. Das Instrument rührt er nicht mehr an. Stattdessen prostet er noch ein paar Mal ins Publikum, sichtlich erfreut die Ovationen genießend, schüttelt die eine oder andere Hand, um sodann grinsend im Backstage-Bereich zu verschwinden, während aus den Boxen Led Zeppelin erschallt.


Dieser Abend machte zum wiederholten Male klar, dass dies eine Bänd ist, die mal wirklich auf jegliche Art von Konventionen, Verzeihung, scheißt!! Und dies zur schier unbändigen Freude unter Fäns und Anhängern, Neulingen und potentiellen Dauerkarteninhabern. Losgelöst von Industrie und Zwängen ziehen die sympathischen Potheads nun seit Jahren nicht wenig erfolgreich ihr Ding durch. Es sei ihnen wie uns gegönnt!!

Während des Konzerts, als ich selber mal für einen Moment nicht am verzückt im Takt wippen oder gar rumhüpfen war (ja, rumhüpfen, wann hab ich das zuletzt auf nem Konzert so ausgiebig gemacht wie an diesem Abend?), wenn ich also grade mal am verschnaufen oder verbotenerweise gar rauchen war und mich dabei umgesehen habe, von meinem Platz links außen in der etwa einskommafünften Reihe vor den Gitarrenverstärkern den Blick durch den Raum schweifen ließ, da mutete das Publikum an wie ein Meer bei etwas unruhigem Seegang. Haare flogen, Köpfe wippten, Körper zuckten, immer Richtung Bühne, Richtung Sound, Richtung Pothead, der Bänd mit dem wahrscheinlich fettesten Sound, den je drei Musiker produziert haben. Es ist mir unerklärlich, wie mit so wenigen Instrumenten solche Soundwände aufgebaut werden können. Angefangen beim punktgenauen Schlagzeugspiel, dem Bass, dessen Herr häufig regungslos, fast wie in Trance auf der Bühne stand wie der sprichwörtliche Fels in der Brandung. Und eben Grinsebacke Brad, der im Laufe des Sets mehr und mehr in Bewegung kommt. Unglaublich geil!! Selbst jetzt, beim Schreiben, während ich die Live-CD aus dem Jahre 2004 im Player habe, fällt es mir schwer, stillzusitzen.

Nun möchte ich aber, nach so viel kundgetaner Begeisterung, wenigstens noch in aller Kürze und einen kleinen Tick sachlicher auf das musikalisch Dargebotene eingehen.
Sie waren wieder härter, diesmal. Viele von den ruhigeren Stücken hatten sie ausgelassen, auch von den verhältnismäßig experimentellen Stücken von "Chaudiere", ihrer bislang letzten Platte. Dafür gab es ein paar neue Songs, die sie mal vor Publikum ausprobieren wollten, wie der Sänger zwischendurch verlauten ließ. Und die haben gerockt. Man darf also gespannt sein auf die nächste Studioscheibe. Ansonsten gab es wie immer nicht viel Gerede, von regelmäßigen Danksagungen (siehe oben) mal abgesehen. Die klassischen Kracher waren mit dabei, die meisten anderen Lieblingslieder ebenfalls im Set, es dürften -- wenn überhaupt -- nur wenige Wünsche offen geblieben sein.
"Pothead sind halt einfach ne Bank", sprach einer meiner beiden entspannten Begleiter unmittelbar nach dem Konzert zu mir. Mit diesen Worten, glücklich und verschwitzt begaben wir uns an den Verkaufsstand, deckten uns mit diversen Artikeln ein und traten mehr als zufrieden den Heimweg an. Pothead. Da weiß man, was man hat!! Und um es mit Brads Worten zu sagen: Danke, Leute!!

Anm. d. Autors:
Sollten manche Leser dieses Artikels nun mit feuchten Augen, Sabber in den Mundwinkeln oder gar gänzlich verzweifelt haareraufend ob des verpassten Ereignisses niedergeschlagen und mit sich (zu Recht) und der restlichen Welt (zu Unrecht) hadernd dasitzen: am 18. April gibts ne weitere Chance im Karlsruher Substage!!

Bis dahin!!

 

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