CONNY OCHS    Wahn und Sinn   (VÖ 20.10.23 / Exile on Mainstream)


Seit Tagen geht mir eine Textzeile und deren Melodie nicht mehr aus dem Kopf - und zwar seit dem zweiten Hören des Albums Wahn und Sinn von Conny Ochs. Danach werden es mit jedem Hören immer mehr Stücke, deren Melodien mir angenehm ohrwurmig im Kopf bleiben oder von welchen mir Textpassagen aus dem Nichts ins innere Ohr fliegen.

Auf den Singer/Songwriter, Musiker und Lyriker aus Halle an der Saale, der sich außerdem als Maler und Illustrator betätigt, wurde ich vor einigen Jahren aufmerksam, als er bei einem Kollektiv aus Italien namens Ananda Mida als Gastsänger an Bord war und deren Psych-Stoner-Art-Rock bereichern konnte. Auch sein 2019 folgendes Solo-Album 'Doom Folk', das ich mir danach zulegte, höre ich nach wie vor immer wieder gerne. Jetzt, vier Jahre und eine Pandemie später, erblickt der Nachfolger das Licht der Musikwelt, dem man sehr viele Inspirationen aus recht unterschiedlichen musikalischen Projekten des Künstlers anhören kann. Insbesondere elektronische und minimalistische Einflüsse dringen auf Wahn und Sinn deutlich durch, was zu Beginn durchaus etwas Aufmerksamkeit beim Hören erfordert.

Außerdem bemerkenswert ist der krasse Gegensatz zum allein eingespielten Vorgänger in der Instrumentierung: Nebst Stimme und Gitarren kommen Schlagzeug, Bass, Piano, Cello, Mellotron, Moog und Synthies im Laufe des Albums zum Einsatz. Hierzu kommen ihm natürlich Kollegen zu Hilfe, diesmal ist nicht alles alleine eingespielt, gleichwohl die Basis nach wie vor der Stil des songorientierten Singer/Songwriters ist. Lediglich der Sound ist deutlich vielschichtiger als noch beim Vorgängeralbum.

Auch der Gesang in deutscher Sprache macht einen deutlichen Unterschied zu dem aus, wenn Conny Ochs auf Englisch intoniert: Was nun beim sanft beginnende Opener "Turin" sofort auffällt, ist eine gewisse Verwandtschaft des stimmlichen Timbre des Sängers mit der Kehle des unvergessenen Rio Reiser. Genauso wie bei dieser Legende deutscher Musik stehen auch bei den neun Songs von Herrn Ochs die Texte im Vordergrund und werden dabei durch sehr variable Instrumentierung betont. So reicht die gesamte musikalische Reise durch das Werk von starker Zurückgenommenheit bis hin zu angedeutetem Bombast oder noisy Passagen, was unweigerlich dazu führt, dass das Album nach erster, ganz kurzer Gewöhnung, stetig wächst.

Ziemlich gut gefallen mir auch die Texte, mit vielen kreativen Ideen und Schöpfungen, die ihrerseits für meist abstrakte Bilder im Kopf sorgen: "Grimassen schneiden quermenschein" etwa - um nur ein Beispiel zu nennen. Gleichsam kann beim Hören natürlich darüber sinniert werden, ob das jetzt schlicht ein Spiel mit Worten und Lyrik ist, oder eben, was genau der Sänger jetzt denn damit wohl meinen könnte.

Unterm Strich bleibt, wie auch immer die Texte rezipiert werden, ein sehr schönes und gelungenes Gesamtwerk, das sich von Klang und Attitüde sehr angenehm aus der deutschsprachigen Musiklandschaft abhebt!!

 

Daneben hat Conny Ochs - auch dies soll nicht unerwähnt bleiben -, die Zurückgezogenheit der Pandemie genutzt, um sich alte Tagebücher und Notizen anzusehen, was schließlich zu einem das Album sehr schön ergänzenden Lyrik-Band geführt hat. Damit kann dann weiter über Aussagen gegrübelt oder sich einfach nur am Klang der Worte und deren Kombinationen erfreut werden, während die Musik sich setzen und einen guten Zeitpunkt abwarten kann, um dann und wann dezent den nächsten Ohrwurm vom Album aufblitzen zu lassen...


Als Vorgeschmack lohnt es, HIER  mal reinzuhören.

Eine Live-Performänce des vorigen Projekts unter Herrn Ochs' Beteiligung, TRIALOGOS, das die aktuelle Platte sicherlich stark beeinflusst hat, ist auf juhtjuub zu finden.

Zu ganz anderen Arbeiten von Conny Ochs geh ruhig auch mal DA hin

Und wer das Album haben will, aber keinen gut sortierten Fachhandel in der Nähe hat, schaue einfach nach DORT

14.10.23

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