Die Nerven                     17.02.19 Freiburg, Waldsee

 

Wenn eine künstlerische Darbietung dem Rezipienten Zwiespalt beschert, dabei sämtliche Ambivalenzen des Gehörten positive Irritation hinterlässt, kann das durchaus Tore gesteigerten Interesses aufstoßen. Bei meinem letzten Besuch im Waldsee verhielt es sich weniger günstig...

Aber der Reihe nach: Nachdem ich vor einiger Zeit in einer thematischen Radiosendung u. a. von und über Die Nerven gehört hatte, wollte ich mir selbst ein akustisches Bild der Bänd verschaffen. Am liebsten live. Zunächst war an diesem fast frühlingshaften Februarsonntagabend jedoch gute fünfunfvierzig Minuten lang eine Vorbänd zu überstehen, die ich als ungefähr ebenso langweilig wie überflüssig empfand, ehe das junge Stuttgarter Trio mit Schlagzeug, Gitarre und Bass die Bühne betrat, um sein aktuelles und drittes Album 'Fake' vorzustellen.

Was in der dann kommenden Stunde zuzüglich der zehnminütigen Zugabe folgte, konnte mich leider in keinster Weise überzeugen. Das war eine willkürlich anmutende Mixtur aus wavig angehauchtem, manchmal träshigem, sehr auf Kunst getrimmten Post-Punk mit deutschen Texten. Dabei war die eine oder andere recht ansprechende Instrumentalpassage zu hören, doch bestanden die Songs vor allem aus einzelnen Versatzstücken - was mitunter der Live-Performance geschuldet sein könnte (ich kenne die Studioversionen nicht). So konnte sich nur vereinzelt eine gewisse Dynamik im Geschehen entwickeln; zu beliebig, fast verkrampft, schienen mir die Stücke konstruiert. Mit spannungslosen Spannungspausen in Brüchen und Breaks versehen und garniert mit angestrengt poetischen Texten.

Eine gute halbe Stunde dauerte es, bis es überhaupt mal eine mich ansprechende Passage zu hören gab. Zwar war insbesondere der Gitarrensound ganz geil, allerdings ohne zwingenden Wiedererkennungswert. Paradox hierbei war, dass eine der besten Passagen des Abends aus groovigem Duettieren von Drums und Bass bestand, während der Gitarrist abgetaucht war. Immerhin: Der Sound und das Licht waren ziemlich gut, so konnten insbesondere mithilfe Letzterem in günstigen Momenten einige stimmige Akzente gesetzt werden.
Das fast durchweg recht junge Publikum - geschätzter Schnitt bei etwa Mitte der Zwanzig - im gut gefüllten Saal zeigte sich gut unterhalten und recht zufrieden; die ersten Reihen waren ordentlich am Hüpfen.

Mir jedoch schien die Performance über weite Strecken zu seelenlos. Weder Gesang noch die beiden Stimmen waren besonders bemerkenswert, wie auch die gesamte Darbietung der Bänd jedes Charisma vermissen ließ. Dies fehlte fast schon schmerzlich. Offenbar hatte der Gitarrist und Hauptsänger den coolen, unnahbaren Part inne, während der blasse Basser eher den Sympath abgeben sollte. Der Drummer indes suchte in den Pausen seines zumeist im Basis-Rhythmus gespielten Instruments hin und wider den anhand reduzierter Gesten clown-esk Lustigen zu verkörpern - vielleicht war das alles auch Zufall. Keiner der drei konnte mich jedoch auch nur ansatzweise überzeugen. Dennoch habe ich mir lediglich die beiden Zugabensongs rauchend von draußen gegönnt, obwohl ich hin und wieder gar mit den Gedanken gespielt hatte, vorzeitig zu gehen.

Anyway - ich kann mir zwar vorstellen, dass die Bänd ihren Weg gehen wird - mich werden sie dabei nicht benötigen und das geht völlig okay...

18.02.19
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