Motorpsycho    Kingdom Of Oblivion (VÖ: 16.04.21 / Stickman)

 

Als ich im Februar von der für April geplanten Veröffentlichung eines neuen Albums der Herren Järmyr, Ryan und Saether erfuhr, war ich – bei aller vorfreudiger Überraschung – im ersten Moment doch fast ein wenig erschrocken. Wie kann das sein, so kurz nach dem letzten, zudem immens komplexen Werk? Umso größer die Spannung...

Schon Ende März gab es vorab eine digitale Single-Veröffentlichung: "The Waning Pt 1" kommt nach wenigen Takten zur Sache, überzeugt mit Riff wie Melodie und klingt schon bald wie ein alter Bekannter. Auf dem Album dann leitet ein wühlender Bass in den zweiten Teil des Stücks über, der eine kleine Blitz-Orgie der Lead-Gitarre bereithält, die mir unmittelbar ein seliges Lächeln ins Gesicht spielt. Dem Opener folgt der titelgebende Träck, der einmal mehr vom harten Rock der Siebziger und Achtziger inspiriert klingt und dessen hymnisch angehauchte Refrainmelodie sich sofort im Ohr festzusetzen weiß. Nach dem fuzzy-funky ausklingenden Namensgeber folgt mit "Lady May" ein von fein gezupften akustischen Gitarren getragenes Stück, das sehr vom Flair der hippie-esken Seite der Bänd durchwoben ist.

Solch vermeintliche Stilbrüche setzen sich über die gesamten siebzig Minuten Dauer des Albums fort: Harte, rifflastige Stücke stehen im Wechsel mit ruhigeren Songs, die vermehrt akustische Klänge in den Vordergrund stellen, teils an die vor einigen Jahren veröffentliche Theaterarbeit der Bänd erinnern. Hier befindet sich gleichsam die direkte Verknüpfung zum Vorgänger 'The All Is One', dessen im Zentrum stehende jäzzig-späcige Psychedelia von deutlich konventionelleren Stücken umrahmt wird, so dass die Vermutung recht nahe liegt, dass die Songs beider Alben denselben Sessions entsprungen sind. Auch ist Reine Fiske, Dauergast der letzten Jahre, erneut an der Gitarre zugange und ergänzt gekonnt Snah's überirdisches Spiel. Nicht selten spielen die beiden synchronisiert, was einmal mehr an den Hard'n'Heavy-Sound der Achtziger erinnern lässt.

So steuern die vier in bändüblichem Reichtum an Facetten, mit zwei Gitarren nebst Bass und Schlagzeug sowie Mellotron, Percussion, mal ein Synthie und ein Saxophon, über einige Highlights hin zum mit knapp elf Minuten längsten Song im Königreich des Vergessens, "The Transmutation Of Cosmic Lurker" – mit einem extrasupergeiloberfetten Riff und Bent's most späcy Vocals ever – ehe "Cormorant" das Werk in neo-western-affinem Stil instrumental beschließt. Erneut ist sehr bemerkenswert, wie die Bänd stets selbst- wie fremdreferenzielle Inspiration in ihr Schaffen einfließen lässt, so dass auch ein vermeintlicher Rollbäck ein Schritt nach vorne ist. Nun bin ich mir auch nach mehrfachem Hören längst nicht sicher, ob ich das Werk als Rockalbum mit starken Folk-Anstrichen oder als Folkalbum mit vielen Elementen härterer Gangart bezeichnen möchte. Was unter'm Strich jedoch vollkommen egal ist, denn was auch auf diesem Album konstant bleibt, ist die unfassbar hohe Qualität im musikalischen Kosmos dieser Bänd, die sich eben nicht ständig neu erfinden muss, weil das gesamte Schaffen geprägt ist von in permanentem Fluss befindlicher Kreativität. Sehr deutlich kommt dies beim teils recht psychedelisch gestylten Gesang zutage, was in dieser Form bei Motorpsycho bislang so noch nicht zu hören war. Oder aber bei der Dynamik von "Dreamkiller", dessen zunächst ruhige und getragene, etwas verträumt anmutende und mit Soundspielereien untermalte Klänge sich urplötzlich zu einem fast bedrohlich wirkenden Soundgewitter türmen. Sehr geiler Song, das, sehr gut in der Mitte des Albums platziert!!

Kingdom Of Oblivion klingt für ein Motorpsycho-Album ziemlich geerdet, mal abgesehen von drone-artigen Intermezzos wie etwa "The Watcher", einem düster fließenden Hawkwind-Cover aus der Feder eines gewissen Ian Kilmister. Möglicherweise haben die Herren im Lauf der Pandemie so manch olle Metal-Platte mal wieder gehört und sich davon hörbar blendend inspirieren lassen. Schief gegangen ist dabei genau nix, just another great Ohrenschmaus....

1.05.21

Hörlinxx hier und da

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