Hallo sehr geehrte Leserschaft und werteste Musikinteressierte!!

Dieses Jahr möchte ich mich nicht erneut der Schmach unterwerfen müssen, den Rückblick auf mein Musikjahr aus zeitlichen oder sonstwie ärgerlichen und nur begrenzt akzeptablen Gründen zu unterschlagen. Und - here we go - da isser:


Pändys Musikalischer Jahresrückblick 2016


Allerdings werde ich mich auf meine außergewöhnlichsten sowie die mich am meisten kickenden Neuzugänge im insgesamt recht merkwürdigen Jahr 2016 konzentrieren. Es wird die eine oder andere Platte dabei sein, über die ich im Lauf des Jahres gerne ausführlicher berichtet hätte, aber... - die Zeit, die Zeit!! Anyway, vielleicht macht Euch ja auch das eine oder andere auch in dieser kurzen Erwähnung neugierig.


Bereits im Januar, also kurz nach Anbrechen des damals neuen Jahres, huschten Spidergawd mit der Vinyl-Ausgabe von III ins Haus, damals noch in der Besetzung mit zwei Motorpsycho-Members an der Drum+Bass-Rhythmus-Fraktion. Nun ja, mittlerweile wurde bei Spidergawd dem Basser das Nebenprojekt zuviel, dem Drummer wiederum die Hauptbänd. Somit muss ich über dieses Quartett nun hoffentlich wenigstens nicht mehr die Titulierung vom Motorpsycho-Ableger lesen, denn dazu waren Spidergawd von Beginn an viel zu eigenständig klingend. So bildete auch der Ausflug im Februar zu deren Konzert in einem winzigen Club in Stuttgart ein frühes Live-Highlight des Jahres. Und während mir der Vierer noch mit voller Kraft durchs Gehör huschte, flog mir auch schon das neue Werk von Motorpsycho zu. Here Be Monsters - in meinen Ohren ist das nicht mehr und nicht weniger als ein richtig großes, ausgereiftes Meisterwerk!!


So war ich also eine zeitlang damit und mit Nachhang des Vorjahres beschäftigt, bis zum quasi Winterausklang Black Lung mit ihrem zweiten Album See The Enemy reinknallten, einem schweinegeilen Gitarren-Album mit dem Zeug zur engeren Platte-des-Jahres-Auswahl, das mir im Wechsel mit Dave Heuman's (Arbouretum) entspannter Entdeckungsreise Here In The Deep schön abwechslungsreiche Hörstunden bescheren konnte. Bis ich wiederum mit dem akustischen Durchforsten der Motorpsycho-Diskographie als quasi Nachhall zu deren Konzerten im April/Mai beschäftigt war. Als Zugabe der norwegischen Superhelden gab es zur Tour die EP Here Be Monsters Vol.2, was ein bisschen an die Zeiten erinnern ließ, als die Bänd zu jedem Album eine EP mit Non-Album-Träcks veröffentlichte. Diese Vinyl-only EP lässt mich derweil nicht nur beim Artwork an The Death Defying Unicorn denken, so dass Here Be Monsters und Here Be Monsters Vol.2 beinahe schon eine auf neuen Stücken komprimierte Werkschau der Four Norsemen bilden.
Nach der Tour sollte sich denn zu größtem Bedauern meinerseits Schlagzeuger Kenneth Kapstad aus der Bänd verabschieden. Vielleicht dachte er, man solle gehen, wenn es am Schönsten ist? Immerhin durfte ich zwei Konzerte der letzten Tour in dieser großartigen Besetzung erleben!! Oh Mann, ich vermisse ihn jetzt schon, diesen positivst Wahnsinnigen an der Schießbude neben, hinter oder zwischen Bent und Snah!!
Übrigens sind in 2016 auch noch zwei Bücher über Motorpsycho erschienen. Dies sei jedoch hier nur am Rande erwähnt und jetzt beruhigt Euch, es kommen gleich auch noch genügend andere Bänds hier im Rückblick vor...


Ja, es gibt tatsächlich auch immer wieder andere Bänds in meinem Kosmos. So wurde es zum Frühsommer hin, als man des Abends wieder länger draußen sitzen konnte, zeitweilig ziemlich experimentell auf meinem Plattenteller. Fire! rückten She Sleeps She Sleeps heraus. Ein sehr ungewöhnliches Album, das ich wärmstens all jenen empfehlen kann, die eine Platte auch mal wie ein Hörspiel genießen mögen. Und ja: Fire! sind extrem eng verwandt mit Fire! Orchestra (letztere finden sich mit Ritual in der hiesigen Plattenkiste rezensiert). Und die Verwandtschaft ist, beliest man sich über das Personal beider Bänds, so eng, dass ich nicht die geringste Idee habe, weshalb die Schweden sich einmal Fire! und das andere mal Fire! Orchestra nennen?! Seis drum, dazu müssten fachbeflissenere Menschen als meine kleine Wenigkeit befragt werden, unter beiden Namen gibts jedenfalls ereignisreichen, avantgardistisch free-jazzigen Sound unter Post-Rock-Attitüde; mit stets viel zu entdecken und nicht ganz leicht zu verköstigen...


Nun fällt mir im Laufe des typographischen Artikulierens dieser Retrospektive auf, dass nicht wenige meiner diesjährigen Anschaffungen entweder Re-Releases sind oder ich mir das Vinyl so mancher CD angeschafft habe, die ich schon länger besaß. Zwei bereits bejahrte Re-Releases bestimmten dann große Phasen des Sommers: Die Alben Cold Fact und Coming From Reality von einem Künstler namens Rodriguez. Dessen Wirken und Schaffen, am ehesten dem Singer-Songwriter-Folk zuzuordnen, wurde vor wenigen Jahren in einer Recherche-Doku unter dem Titel Searching for Sugarman als Film wiederbelebt. Was ein Glück!! Zwei tolle Platten, bei Erstveröffentlichung in den frühen Siebzigern kommerziell leider gefloppt, war Rodriguez insbesondere in Südafrika ein Star. Den Film über diesen ungewöhnlichen Songwriter kann ich wie die Platten nur wärmstens empfehlen!!
Daneben konnte ich im Sommer die süßlich-depressive und treibend melodiöse Melancholie von Thom Yorke und Radiohead mit A Moon Shaped Pool nach einigen Jahren Pause für mich wiederentdecken, bis mir mit Black Moon Circle und deren Zweitlingswerk Sea Of Clouds möglicherweise die Neuentdeckung des Jahres - nebst Black Lung (warum eigentlich immer Black??) - reinknallten. Eine astreine Gitarren-Psych-Rock-Bänd aus Norwegen, im zeitgemäßen Sprech seien natürlich auch die Stoner-Anteile expliziert. Eine jedenfalls richtig geile Platte, die mich ziemlich nachhaltig beeindruckt hat und zu meinen uneingeschränkt empfehlenswerten Neuentdeckungen des sich ausschleichenden Jahres gehört. Nicht viel später legte ich mir noch deren Erstling Andromeda zu, der mir nicht weniger gut gefällt. Über wenigstens eine der beiden Scheiben hätte ich wirklich gerne ausführlicher berichtet - ...vielleicht klappts ja bei der nächsten...


Auch der Herbsteinzug ins Jahr hielt manch erwähnens- wie empfehlenswerte Veröffentlichung bereit. So etwa Star Treatment, ein richtig gutes, sehr rockendes neues Album von Woven Hand oder die Acoustic Recordings 1998-2016, eine wie ich meine recht gelungene Werkschau von Jack White. Irrwitzig gelungen auch die ursprünglich 1989 erschienene Naked City von John Zorn, fast schon ein musikalisches Sammelsurium, wo es - gelinde gesagt - drunter und drüber geht. Sehr geil das, auch wenn es mich noch etwas Zeit kosten wird, mich hier tiefer einzuhören. Schneller gings bei Skeleton Tree von Nick Cave und seinen Bad Seeds. Ein tieftrauriges, sehr ruhiges und dabei wunderschönes Album des düsteren Meisters, das deutlich unter dem Einfluss steht, dass jener den Tod eines seiner Söhne zu verkraften hat. Richtig deutlich wird dies insbesondere durch den dazugehörigen Film One More Time With Feeling, ein recht intimes Portrait nicht nur der Entstehung der Platte, sondern eben auch einer ganz anderen Seite des (meines vagen Wissens mittlerweile im englischen Brighton lebenden) sonst so cool daherkommenden Australiers. Noch ein wenig Zeit werde ich für So? Now? von Bol & Snah benötigen. Na, vielleicht wäre ja eine ausführliche Rezension hierzu ein kleiner Vorsatz fürs neue Jahr...
Sehr schön auch die im Oktober erschienene Box mit allen sechs Solo-Studio-Alben von Rio Reiser, teilweise gar erstmals auf Vinyl. Für immer und Dich nennt sich diese Sammlung des vor nunmehr zwanzig Jahren viel zu früh verstorbenen und meines Erachtens nach wie vor größten deutschen Sängers und Songschreibers.

Nur eine Woche nach dieser Veröffentlichung dann einer der ganz großen Würfe des Jahres: Eine Triple-Live-LP von The Notwist. Und das, liebe Leserinnen und Leser, ist mal ganz großes Hör-Kino!! Die Weilheimer präsentieren hier Songs fast ausschließlich der letzten drei Alben und bieten damit gleichsam eine Werkschau ihres Schaffens der letzten fünfzehn Jahre. Indie-Pop trifft Elektronika trifft Jazz trifft noisigen Post-Rock trifft Ohrwürmer - trifft ins Mark und driftet ab, um wieder zurückzufinden. Ebenso progessiv-avantgardistisch wie gleichsam zeitlos. Mit Superheroes, Ghostvillains + Stuff werde ich ganz sicher noch sehr lange Freude haben und möchte dieses Album hiermit allerwärmstens empfohlen haben!! Zur etwa selben Zeit zurück auf Vinyl und hinein in meine Sammlung fand ein Album aus dem Jahr 1993, eine weitere norwegische Bänd in meinem Kosmos namens Alabama Kids. Deren Album Drowsy Driver vereint vorzüglich den Untergrund-Indie-Gitarren-Rock der Neunziger mit einer Prise des Flairs der Smashing Pumpkins - vielleicht ein wenig auch aufgrund der ansatzweise stimmlichen Verwandtschaft des Sängers mit Ober-Pumpkin Billy Corgan. Der letzte Zugang des Jahres, mit welchem ich mich selbst inmitten von Weihnachtskäufen beschenkte, ist dann ausnahmsweise statt eines Vinylprodukts eine CD. Die enthältAufnahmen von zwei in den Achtzigern aufgenommenen Kompositionen des New Yorkers Steve Reich. Different Trains (eingespielt vom Kronos Quartet) und Electric Counterpoints (zelebriert vom Jazzgitarristen Pat Metheny) heißen die beiden Kompositionen und sind durchaus sehr entspannend anzuhören und eine weitere Bereicherung meines kleinen Kosmos.


Tja, so viel zu den wichtigen neuen Platten in meinen Kisten, die im auslaufenden Jahr hinzugeflutet sind. Und gelegentlich war ich sogar auf dem einen oder anderen Konzert, obwohl ich diese Veranstaltungen in 2016 erneut sehr vernachlässigt habe. Fast so sehr, wie das eigene Musizieren... Nun ist es müßig, aus den von mir besuchten Konzerten das meines Erachtens beste zu krönen. Geneigte Leser*innen werden im Lauf dieses Jahresrückblicks bereits bemerkt haben, welches mein persönliches Highlight war. Auch bei den Platten möchte ich auf Platzierungen und Ähnliches verzichten, denn hier sind ohnehin (fast) nur die interessantesten aufgeführt und Platzierungen wie Tabellen gehören dann doch eher in den Bereich des Sport...


Doch sei abschließend noch erwähnt, dass ich es nicht weniger als hochverdient und ebenso angebracht finde, einem gewissen Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur zu verpassen. Seit Jahrzehnten schon vereint dieser die Musik mit großer literarischer Kunst!! Auch wenn das große Teile der Menschheit bis heute weder erkannt noch begriffen haben mögen und trotzdem ich dessen im Frühjahr erschienenes Studio-Album Fallen Angels (ups, jetzt hab ichs doch erwähnt) mit Interpretationen amerikanischer Klassiker eher langweilig finde; umso empfehlenswerter die Best Of The Cutting Edge, ihres Zeichens die Bootleg Series Vol. 12, eine Veröffentlichung Mitt-Sechziger-Aufnahmen des großen Meisters aus Ende 2015...

Bleibt mir zu guter Letzt noch das Ausrufen eines herzlichen Danke-Schöns an alle, die mir trotz gelegentlich langer Phasen ohne Neuigkeiten auf dieser meiner weltweit langsamsten Website die Treue halten!!

 

Ihr seid die besten und tollsten Leser*innen der Welt!!

 

Spezieller Dank geht natürlich an Martin für immer wieder schicke Gastberichte, des Weiteren an Arne für großzügige Bemusterung und nicht zuletzt an Danny für stets fruchtbare, nicht selten den Horizont erweiternde Hinweise!! Außerdem danke ich allen, mit (und bei) denen ich im vergangenen Jahr zwar nicht viele, dafür aber umso wertvollere Stunden mit Musizieren verbringen durfte!!

U  Know  Who  U  R  !!

In diesem Sinne:

Thänx und Rock On in 2017!!

 

2. Januar 2017

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